Ein interreligiöses Dialoggespräch mit Dolpo Tulku Rinpoche aus Nepal und dem Theologen Michel Bollag, jüdischer Co-Leiter des Zürcher Lehrhauses.

Michel Bollag

Michel Bollag

An diesem Abend wollen wir gemeinsam eine Reise zu den Wurzeln buddhistischen und jüdischen Verständnisses antreten zu dem, was unsere eigentliche Natur ausmacht. Sind wir getrennt von dem, was die Welt bewegt? Von einer allem innewohnenden Kraft und Gesetzmäßigkeit – sofern es diese gibt?

Die mystische Tradition des Judentums beschreibt das Göttliche auch als „En Sof“ (אין סוף), als Unendliches. Es bildet eine Einheit – alles steht in ihm und nichts außer ihm. Und dennoch wird der Mensch als Subjekt betrachtet, das nie vollkommen mit dem Göttlichen verschmilzt.

Wie stehen diese Vorstellung und das buddhistische Konzept von Leerheit zueinander?

In den Lehren der Kabbala wird der zentrale Begriff „Dwekut“ (דבקות) erwähnt, der sich vielleicht am treffendsten als ein intimes Zusammensein mit Gott verstehen lässt. Dwekut stellt einen Zustand dar, in dem der Mensch stets betrebt sein sollte zu verweilen.

Dabei gibt es verschiedene Wege, die zu einer solchen Intimität mit dem jenseits aller Vorstellungen Befindlichen führen können. Es kommen Formen der Meditation und Versenkung zum Tragen. Deren höchstes Ziel ist das unmittelbare Erfahren des Göttlichen.

Dolpo Tulku Rinpoche

Dolpo Tulku Rinpoche

Techniken der Meditation sind ebenso im Buddhismus von zentraler Bedeutung. Sie ermöglichen dem Praktizierenden, seine wahre Natur zu erkennen. Dies bedeutet nach buddhistischer Vorstellung die Essenz des eigenen Geistes zu realisieren, die unserer Buddha-Natur. Sie ist von jeher rein und allwissend, pure Liebe und Mitgefühl. Sich die Buddhanatur zu vergegenwärtigen und in ihr zu erwachen, könnte uns in die Nähe der Vorstellung einer Unio Mystica führen, wie sie in den Traditionen von Judentum und Christentum existiert.

Sind wir im Einklang mit dem, was uns trägt, was alles zusammenhält, so ist es in beiden Traditionen unser Auftrag, Liebe und Mitgefühl in die Welt, in den Alltag und zu allen Lebewesen zu bringen.

Übersetzung: Daniela Hartmann
Moderation: Alexandra Mann, M.A.

Die Dialogpartner

Dolpo Tulku Rinpoche

Dolpo Tulku Rinpoche wurde im zwölften Monat des tibetischen Eisenhahn-Jahres (1982) im Dolpo Tarap/Nepal geboren. Mit zehn Jahren entschloss er sich, Mönch zu werden, und wenige Monate später erkannte ihn Dilgo Khyentse Rinpoche als dritte Reinkarnation des Dolpo Lamas Nyinchung Rinpoche. In den folgenden sechzehn Jahren erhielt er im Namdroling Kloster in Südindien seine monastische Ausbildung unter der Leitung von Penor Rinpoche. 2006 schloss er die Klosteruniversität als einer der Besten seines Jahrgangs ab. Er ist seitdem Dozent an der Universität und hat den Rang eines Doktors der buddhistischen Philosophie erlangt. Im Sommer 2008 kehrte Dolpo Tulku Rinpoche, auch Tulku Sherap Zangpo genannt, in die Dolpo Region zurück, um den Thron seiner Klöster in Dho Tarap, Namgung und Sal-dang zu besteigen und folgte der Einladung von 21 Dörfern.

Während seiner vorlesungsfreien Zeit reist Tulku weltweit, um buddhistische Unterweisungen zu geben, aber auch Vorträge und Seminare zu Geistestraining und Meditation für die breite Öffentlichkeit anzubieten. Besonders am Herzen liegt ihm dabei die Arbeit mit jungen Menschen, die in ihr Berufsleben starten und sich in die moderne Wettbewerbsgesellschaft einfinden müssen, sowie mit Menschen, die an Stress und Burnout leiden. Er hegt auch einen regen Austausch u.a. mit Ärzten, Psychologen sowie Vertretern verschiedener Glaubensrichtungen.

Lic. Phil. Michel Bollag

Nach einem Intensivaufenthalt und Torastudium an der Jeschiwat Merkas Haraw in Jerusalem absolvierte Michel Bollag weitere Studien der Pädagogik, Psychologie und Philosophie an der Universität Zürich. Er wirkte als Religionslehrer an der israelischen Cultusgemeinde Zürich und übernahm 1981 deren Leitung. Anschließend war er dort auch als Rabbinatsassistent tätig. Inspiriert durch seinen Schwerpunkt der interreligiösen Dialogarbeit engagierte Bollag sich für das Projekt des Zürcher Lehrhauses bei der Stiftung für Kirche und Judentum.

Seit 2002 fungiert er als Co-Leiter des Zürcher Lehrhauses und wirkt als Fachreferent für den Bereich des Judentums. Er hat Lehraufträge an Universitäten und Fachhochschulen in der Schweiz und im Ausland und ist Co-Präsident der evangelisch-jüdischen Gesprächskommission des Schweizerischen israelitischen Gemeindebundes und des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes.

Ort

Milchwerk Radolfzell, Werner-Messmer-Straße 14, 78315 Radolfzell.

Eintritt

€ 10,—; ermäßigt für Schülerinnen, Schüler und Studierende € 6,— (mit Ausweis)