Während des Besuchs tibetischer Geistlicher aus den Klosteruniversitäten der Gelug Tradition Sera Jey und Drepung Gomang (Südindien) in Radolfzell veranstalteten wir ein Dialogtreffen bei Br. Jakobus Kaffanke OSB, Benediktiner der Erzabtei Beuron, der seit 1993 als Eremit in der Klause St. Benedikt lebt.
Die über das Tibetische Zentrum Hamburg eingeladenen Mönche Geshe Palchen Dorjee, Geshe Sonam Wangyal, Gen Lobsang Choejor sowie Geshe Thinly Kunchok fühlten sich herzlich aufgenommen in der Einsiedelei, in welcher Br. Jakobus zunächst eine kleine Einführung in die Symbolik der Wandmalereien in der Kapelle St. Wendelin gab und über die Bezüge zu Marianischen Motiven informierte. Dabei stellte er die Bedeutung eines Weges des Glaubens im christlichen Kontext dar, welchen Maria als erste gegangen sei und der über reines Wissen hinausführe- Glaube als Metapher für etwas, das jenseits des Sichtbaren läge, des für den Menschen rational Fassbaren.
Vorstellungen von Güte, Mitgefühl und Barmherzigkeit wurden diskutiert, problematische Geisteshaltungen wie jene der Gier beleuchtet- und Übungswege beschrieben, die in den unterschiedlichen monastischen Traditionen angewandt werden um diesen negativen Impulsen, Emotionen oder Lastern entgegenzuwirken.
Über das Verständnis von kontemplativer Lebensweise gelangte man zur Rolle und Entwicklungsgeschichte des Mönchtums: bezogen auf die christlichen Traditionen besprach man die Ursprünge und Anfänge des frühen geistigen Lebens bis hin zu späteren und aktuell existierenden Lebensformen in aktiven und kontemplativen Orden.
Von tibetisch buddhistischer Seite aus wurden die vier traditionellen Schulen erläutert, insbesondere jene der Gelug sowie der Kagyu. Letztere lässt sich zurückverfolgen auf den Lama und Übersetzer Marpa, welcher Schüler des Gelehrten Athisa in Indien war, die berühmte Universität Nalanda (5.Jh.n.Chr.) besuchte und später den ersten Linienhalter der Kagyu Schule verkörperte.
Der aktuelle Bezug klösterlichen Wirkens für die Gesellschaft kam ebenfalls zur Sprache; neben der sogenannten Seelsorge bzw. geistlichen Begleitung stelle nach Br. Jakobus das Hüten der Vorstellung von Leerheit oder der Leerwerdung im Sinne von Kenosis, ein wichtiges Arbeits- und Wirkungsfeld des Mönchtums dar. Hierfür Sorge zu tragen, sei nach Meinung aller Gesprächspartner eine verbindende Aufgabe, die religionsübergreifend erforderlich und überaus bedeutsam ist.
Alexandra Mann